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(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,
- die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
- sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
- zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
- Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
- Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen,
soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn
- eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat oder
- eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
- in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
- eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.
§ 1 GewSchG ist keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage sondern eine verfahresnrechtliche Grundlage für die gerichtlichen Schutzanordnungen (BT-Drucksache 14/259 S. 17).
Materiellrechtliche Grundlage ist regelmäßig der quasinegatorische Unterlassungsasnpruch.
"Eine Anordnung nach § 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 2b GewSchG kommt jedoch deshalb nicht in Betracht, weil nach ganz herrschender Meinung (AG Wiesbaden FamRZ 2006, 1145; Palandt-Brudermüller, 69. Aufl., § 1 GewSchG Rdn. 5; MünchKomm-Krüger, 5. Aufl., § 1 GewSchG Rdn. 14; Weinreich in: Handbuch des Fachanwaltes Familienrecht, 7. Aufl.,Kap. 8 Rdn. 434; Löhnig, Zivilrechtlicher Gewaltschutz, 2. Aufl., Rd. 95) § 1 GewSchG bei dauernder Schuldunfähigkeit des Täters außerhalb der Ausnahmeregelung von § 1 Abs. 3 GewSchG nicht anwendbar ist.
(...)
Obwohl damit gerichtliche Maßnahmen nach § 1 GewSchG ausgeschlossen sind, waren die auf ein Unterlassen gerichteten, angeordneten Schutzmaßnahmen aufrechtzuerhalten. Es entspricht der ganz h. M. im Schrifttum, dass im Falle der Schuldunfähigkeit des Täters ein Rückgriff auf die allgemeinen zivilrechtlichen Unterlassensansprüche nach §§ 823, 1004 BGB analog in Betracht kommt (Palandt-Brudermüller, a. a. O., Johannsen/Henrich-Götz, a. a. O., Weinreich, a. a. O.; Nagel FamRZ 2006, 1146; Winterer FPR 2006, 199, 201). Der auf ein Unterassen gerichtete Anspruch nach §§ 823, 1004 BGB analog setzt nämlich kein Verschulden des Störers voraus (BGHZ 3, 270; 30, 7)." (OLG Frankfurt v. 20.5.2010 Az. 5 UF 26/10).
Der Gewaltschutz ist zu befristen und auf Antrag zu verlängern. Für die Verlängerung "ist vollständig zu prüfen, ob die Anordnung gerechtfertigt ist, ob also ein Abwehranspruch besteht und ob dieser Anspruch im Verfahren des Gewaltschutzes durchgesetzt werden darf. Dabei ist die Bindungswirkung der zu verlängernden Anordnung auf die Vorfragen beschränkt, welche Rechtsverletzungen vor ihrem Erlass geschehen oder angedroht worden sind." (OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.1.2019 Az. 13 UF 148/18)
Im Fall eines Antrages auf Verlängerung liegt eine neue Angelegenheit vor die auch zu gesonderten Gebühren nach § 49, 41 FamGKG führt (Schneider in NzFAM 2014, 751 mit Verweis auf OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.10.2006, Az. 6 WF 184/06 = FamRZ 20067, 849).
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