Gesetz
zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel
10 Grundgesetz) (G 10)
Vom 13. August 1968 (BGBl I S. 949)
(BGBl
III 190-2)
zuletzt
geändert durch Gesetz zur Änderung von Vorschriften über parlamentarische
Gremien vom 17. Juni 1999 (BGBl I S. 1334, 1335)
13. August 1968
§ 1
(1) Es sind
1. die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, das Amt für den Militärischen
Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren
für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die
Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der
in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen
Vertragsstaaten des Nordatlantik-Vertrages,
2. der
Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes
auch zu den in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 6 bestimmten Zwecken
berechtigt, die
Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen, in den Fällen der Nummer
1 auch die dem Brief- oder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu öffnen
und einzusehen.
(2) Wer geschäftsmäßig
Postdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat
der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände des
Postverkehrs zu erteilen und Sendungen, die ihm zum Einsammeln, Weiterleiten
oder Ausliefern anvertraut sind, auszuhändigen. Der nach Satz 1 Verpflichtete
hat der berechtigten Stelle auf Verlangen die zur Vorbereitung einer Anordnung
erforderlichen Auskünfte zu Postfächern zu erteilen, ohne daß es hierzu einer
gesonderten Anordnung bedarf. Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste
erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten
Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände der nach Wirksamwerden
der Anordnung durchgeführten Telekommunikation zu erteilen, Sendungen, die
ihm zur Übermittlung auf dem Telekommunikationsweg anvertraut sind, auszuhändigen
und die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen.
Ob und in welchem Umfang der nach Satz 3 Verpflichtete Vorkehrungen für die
technische und organisatorische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen zu treffen
hat, bestimmt sich nach § 88 des Telekommunikationsgesetzes und der dazu erlassenen
Rechtsverordnung.
(3) Der nach
Absatz 2 Satz 1 oder Satz 3 Verpflichtete hat vor Durchführung einer beabsichtigten
Beschränkungsmaßnahme die Personen, die mit der Durchführung der Maßnahme
betraut werden sollen,
1. einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen zu lassen und
2. über die Pflicht zur Geheimhaltung nach Artikel 3 § 10 sowie die Strafbarkeit eines
Verstoßes nach Artikel 3 § 10a zu belehren; die Belehrung ist aktenkundig
zu machen.
Mit der Durchführung
einer Beschränkungsmaßnahme dürfen nur Personen betraut werden, die nach Maßgabe
des Satzes 1 überprüft und belehrt worden sind. Der nach Absatz 2 Satz 1 oder
Satz 3 Verpflichtete hat sicherzustellen, daß die Geheimschutzmaßnahmen nach
den Abschnitten 1.1 bis 1.4, 1.6, 2.1 und 2.3 bis 2.5 der Anlage 7 zur Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlußsachen
vom 29. April 1994 (GMBl. S. 674) getroffen werden.
(4) Die Sicherheitsüberprüfung
nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ist entsprechend dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz
durchzuführen. Für Beschränkungsmaßnahmen einer Landesbehörde gilt dies nur,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Landes vergleichbare Bestimmungen enthalten;
in diesem Fall sind die Rechtsvorschriften des Landes entsprechend anzuwenden.
Zuständig ist bei Beschränkungsmaßnahmen von Bundesbehörden das Bundesministerium
des Innern; im übrigen sind die nach Landesrecht bestimmten Behörden zuständig.
Soll mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme eine Person betraut
werden, für die innerhalb der letzten fünf Jahre bereits eine gleich- oder
höherwertige Sicherheitsüberprüfung nach Bundes- oder Landesrecht durchgeführt
worden ist, soll von einer erneuten Sicherheitsüberprüfung abgesehen werden.
§ 2
(1) Beschränkungen
nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet
werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß jemand
1. Straftaten
des Friedensverrats oder des Hochverrats (§§ 80 , 80a , 81 , 82 und 83 des
Strafgesetzbuches),
2. Straftaten
der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (§§ 84 , 85 , 86 , 87 , 88
, 89 des Strafgesetzbuches, § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 4 des Vereinsgesetzes),
3. Straftaten
des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 , 95 ,
96 , 97a , 97b , 98 , 99 , 100 , 100a des Strafgesetzbuches),
4. Straftaten
gegen die Landesverteidigung (§§ 109e , 109f , 109g des Strafgesetzbuches),
5. Straftaten
gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen
der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantik-Vertrages (§§ 87 , 89
, 94 , 95 , 96 , 98 , 99 , 100 , 109e , 109f , 109g des Strafgesetzbuches
in Verbindung mit Artikel 7 des Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 11.
Juli 1957 in der Fassung des Achten Strafrechtsänderungsgesetzes),
6. Straftaten
nach § 129a des Strafgesetzbuches oder
7. Straftaten
nach § 92 Abs. 1 Nr. 7 des Ausländergesetzes
plant, begeht
oder begangen hat. Gleiches gilt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den
Verdacht bestehen, daß jemand Mitglied einer Vereinigung ist, deren Zwecke
oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, die gegen
die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit
des Bundes oder eines Landes gerichtet sind.
(2) Eine Anordnung
nach Absatz 1 ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf
andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur
gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter
Tatsachen anzunehmen ist, daß sie für den Verdächtigen bestimmte oder von
ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder daß der
Verdächtige ihren Anschluß benutzt. Abgeordnetenpost von Mitgliedern des Deutschen
Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme einbezogen
werden, die sich gegen einen Dritten richtet. Das gilt nicht, wenn und soweit
die Kommission festgestellt hat, daß konkrete Umstände die Annahme rechtfertigen,
daß die Post nicht von dem Abgeordneten stammt. § 9 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 3
(1) Außer in
den Fällen des § 2 dürfen auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes Beschränkungen
nach § 1 für internationale nicht leitungsgebundene Telekommunikationsbeziehungen
angeordnet werden, die der nach § 5 zuständige Bundesminister mit Zustimmung
des in § 9 Abs. 1 genannten Gremiums bestimmt. Sie sind nur zulässig zur Sammlung
von Nachrichten über Sachverhalte, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr
1. eines
bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland,
2. der
Begehung internationaler terroristischer Anschläge in der Bundesrepublik Deutschland,
3. der
internationalen Verbreitung von Kriegswaffen im Sinne des Gesetzes über die
Kontrolle von Kriegswaffen sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs
mit Waren, Datenverarbeitungsprogrammen und Technologien im Sinne des Teils
I der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) in Fällen von
erheblicher Bedeutung,
4. der
unbefugten Verbringung von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus dem
Ausland in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland,
5. im
Ausland begangener Geldfälschungen sowie
6. der
Geldwäsche im Zusammenhang mit den in den Nummern 3 bis 5 genannten Handlungen
rechtzeitig zu
erkennen und einer solchen Gefahr zu begegnen. In den Fällen der Nummer 1
dürfen Beschränkungen nach Satz 1 auch für leitungsgebundene Telekommunikationsbeziehungen
und für Postverkehrsbeziehungen angeordnet werden.
(2) Für Beschränkungen
im Sinne des Absatzes 1 darf der Bundesnachrichtendienst nur Suchbegriffe
verwenden, die zur Aufklärung von Sachverhalten über den in der Anordnung
bezeichneten Gefahrenbereich bestimmt und geeignet sind. Die Suchbegriffe
dürfen keine Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung
bestimmter Telekommunikationsanschlüsse führen. Satz 2 gilt nicht für Telekommunikationsanschlüsse
im Ausland, sofern ausgeschlossen werden kann, daß Anschlüsse
1. deutscher
Staatsangehöriger oder
2. von
Gesellschaften mit dem Sitz im Ausland, wenn der überwiegende Teil ihres Vermögens
oder ihres Kapitals sowie die tatsächliche Kontrolle über die Gesellschaft
deutschen natürlichen oder juristischen Personen zusteht und die Mehrheit
der Vertretungsberechtigten deutsche Staatsangehörige sind,
gezielt erfaßt
werden. Die Suchbegriffe sind in der Anordnung zu benennen. Die Durchführung
ist mit technischen Mitteln zu protokollieren; sie unterliegt der Kontrolle
gemäß § 9 Abs. 2. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zu Zwecken der
Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind am Ende des Kalenderjahres,
das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen.
(3) Bei der
Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 erlangte personenbezogene Daten dürfen
nur zur Verhinderung, Aufklärung oder Verfolgung von Straftaten verwendet
werden, die in § 2 dieses Gesetzes und in § 138 des Strafgesetzbuches bezeichnet
sind, sowie von Straftaten nach den §§ 261 und 264 des Strafgesetzbuches,
§ 92a des Ausländergesetzes, § 34 Abs. 1 bis 6 und 8 und § 35 des Außenwirtschaftsgesetzes,
§§ 19 bis 21 und 22a Abs. 1 Nr. 4, 5, und 7 des Gesetzes über die Kontrolle
von Kriegswaffen oder § 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 1, 4 oder § 30a
des Betäubungsmittelgesetzes, soweit gegen die Person eine Beschränkung nach
§ 2 angeordnet ist oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen,
daß jemand eine der vorgenannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat.1)
§ 12 des BND-Gesetzes bleibt unberührt.
(4) Der Bundesnachrichtendienst
prüft, ob durch Maßnahmen nach Absatz 1 erlangte personenbezogene Daten für
die dort genannten Zwecke erforderlich sind.
(5) Die nach
Absatz 1 erlangten Daten sind vollständig zu den in Absatz 3 bezeichneten
Zwecken den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, dem Amt für
den Militärischen Abschirmdienst, dem Zollkriminalamt, dem Bundesausfuhramt,
den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis,
den Polizeien zu übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers
erforderlich ist.1 Die Entscheidung erfolgt durch einen Bediensteten, der
die Befähigung zum Richteramt hat.
(6) Sind nach
Absatz 1 erlangte Daten für die dort genannten Zwecke nicht oder nicht mehr
erforderlich und sind die Daten nicht nach Absatz 5 anderen Behörden zu übermitteln,
sind die auf diese Daten bezogenen Unterlagen unverzüglich unter Aufsicht
eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu vernichten und,
soweit die Daten in Dateien gespeichert sind, zu löschen. Die Vernichtung
und die Löschung sind zu protokollieren. In Abständen von jeweils sechs Monaten
ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Vernichtung oder Löschung vorliegen.
(7) Der Empfänger
prüft, ob er die nach Absatz 5 übermittelten Daten für die in Absatz 3 bezeichneten
Zwecke benötigt. Benötigt er die Daten nicht, hat er die Unterlagen unverzüglich
zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen
Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder
nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; eine Verwendung dieser Daten ist
unzulässig.
(8) Betroffenen,
deren Daten durch eine Maßnahme nach Absatz 1 erlangt worden sind, ist die
Beschränkung des Fernmeldegeheimnisses mitzuteilen, sobald eine Gefährdung
des Zwecks der Beschränkung und der Verwendung ausgeschlossen werden kann.
Eine Mitteilung unterbleibt, wenn die Daten
1. vom
Bundesnachrichtendienst innerhalb von drei Monaten nach Erlangung oder
2. von
der Behörde, der sie nach Absatz 5 übermittelt worden sind, innerhalb von
drei Monaten nach Empfang
vernichtet worden
sind. Die Mitteilung obliegt dem Bundesnachrichtendienst, im Falle der Übermittlung
nach Absatz 5 der Empfängerbehörde.
(9) Die Kommission
kann dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz vor ihrer Entscheidung über
die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer Maßnahme nach § 9 Abs. 2 Gelegenheit
zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. Die Stellungnahme erfolgt
ausschließlich gegenüber der Kommission.
(10) Das in
§ 9 Abs. 1 genannte Gremium erstattet dem Bundestag jährlich einen Bericht
über die Durchführung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 9.
§ 4
(1) Beschränkungen
nach § 1 dürfen nur auf Antrag angeordnet werden.
(2) Antragsberechtigt
sind im Rahmen ihres Geschäftsbereichs
1. in
den Fällen des § 2
a)
das Bundesamt für Verfassungsschutz durch seinen Präsidenten oder dessen Stellvertreter,
b)
die Verfassungsschutzbehörden der Länder durch ihre Leiter oder deren Stellvertreter,
c)
bei Handlungen gegen die Bundeswehr das Amt für den militärischen Abschirmdienst
durch seinen Leiter oder dessen Stellvertreter,
d)
bei Handlungen gegen den Bundesnachrichtendienst dieser durch seinen Präsidenten
oder dessen Stellvertreter,
2. in
den Fällen des § 3 der Bundesnachrichtendienst durch seinen Präsidenten oder
dessen Stellvertreter.
(3) Der Antrag
ist unter Angabe von Art, Umfang und Dauer der beantragten Beschränkungsmaßnahme
schriftlich zu stellen und zu begründen. Der Antragsteller hat darin darzulegen,
daß die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich
erschwert wäre.
§ 5
(1) Zuständig
für die Anordnung nach § 1 ist bei Anträgen der Verfassungsschutzbehörden
der Länder die zuständige oberste Landesbehörde, im übrigen ein vom Bundeskanzler
beauftragter Bundesminister.
(2) Die Anordnung
ergeht schriftlich; in ihr sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen
und die zur Überwachung berechtigte Stelle anzugeben. Sie ist dem Antragsteller
vollständig und dem nach § 1 Abs. 2 Satz 1 oder 3 Verpflichteten insoweit
mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen
zu ermöglichen. Die Mitteilung an den nach § 1 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 Verpflichteten
entfällt, wenn die Anordnung ohne dessen Mitwirkung ausgeführt werden kann.
(3) Die Anordnung
ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht
mehr als drei weitere Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen
der Anordnung fortbestehen.
(4) Das Bundesamt
für Verfassungsschutz unterrichtet das jeweilige Landesamt für Verfassungsschutz
über die in dessen Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen. Die Landesämter
für Verfassungsschutz teilen dem Bundesamt für Verfassungsschutz die ihnen
übertragenen Beschränkungsmaßnahmen mit.
(5) Beschränkungsmaßnahmen
sind den Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung
des Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen werden kann. Läßt sich in diesem
Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt,
ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zweckes der Beschränkung
ausgeschlossen werden kann. Nach der Mitteilung steht den Betroffenen der
Rechtsweg offen; § 9 Abs. 6 findet keine Anwendung.
§ 6
(1) In den Fällen
des § 2 muß die Anordnung denjenigen bezeichnen, gegen den sich die Beschränkungsmaßnahme
richtet, bei einer Überwachung der Telekommunikation auch die Rufnummer oder
eine andere Kennung seines Telekommunikationsanschlusses.
(2) Soweit sich
in diesen Fällen Maßnahmen nach § 1 auf Sendungen beziehen, sind sie nur hinsichtlich
solcher Sendungen zulässig, bei denen Tatsachen vorliegen, aus welchen zu
schließen ist, daß sie von dem, gegen den sich die Anordnung richtet, herrühren
oder für ihn bestimmt sind.
§ 7
(1) Die aus
der Anordnung sich ergebenden Maßnahmen nach § 1 Abs. 1 sind unter Verantwortung
der antragsberechtigten Stelle und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen,
der die Befähigung zum Richteramt hat.
(2) Liegen die
Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor oder sind die sich aus der Anordnung
ergebenden Maßnahmen nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu
beenden. Die Beendigung ist der Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und
dem nach § 1 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 Verpflichteten, dem gegenüber die Anordnung
erfolgt ist, mitzuteilen. Die Mitteilung an den nach § 1 Abs. 2 Satz 1 oder
Satz 3 Verpflichteten entfällt, wenn die Anordung ohne dessen Mitwirkung ausgeführt
wurde.
(3) Die durch
Maßnahmen nach § 2 erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen nicht zur Erforschung
und Verfolgung anderer als der in § 2 oder § 3 Abs. 3 genannten Straftaten
benutzt werden.
(4) Sind die
durch Maßnahmen nach den §§ 2 und 3 erlangten personenbezogenen Daten über
einen an dem überwachten Verkehr Beteiligten zu den in Absatz 3 genannten
Zwecken nicht mehr erforderlich und können sie im Rahmen einer gerichtlichen
Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme nicht mehr von Bedeutung
sein, so sind die auf diese Daten bezogenen Unterlagen unter Aufsicht eines
der in Absatz 1 genannten Bediensteten zu vernichten. Über die Vernichtung
ist eine Niederschrift anzufertigen. Ob die Voraussetzungen für eine Vernichtung
vorliegen, ist nach jeweils sechs Monaten zu prüfen. Daten, die nur zum Zwecke
der gerichtlichen Nachprüfung der Beschränkungsmaßnahme gespeichert werden,
sind zu sperren. Sie dürfen nur für diesen Zweck verwendet werden.
§ 8
(1) Sendungen
des Postverkehrs, die zur Öffnung und Einsichtnahme der berechtigten Stelle
ausgehändigt worden sind, sind unverzüglich dem Postverkehr wieder zuzuführen.
Telegramme dürfen dem Postverkehr nicht entzogen werden. Der zur Einsichtnahme
berechtigten Stelle ist eine Abschrift des Telegramms zu übergeben.
(2) Die Vorschriften
der Strafprozeßordnung über die Beschlagnahme von Sendungen des Postverkehrs
bleiben unberührt.
§ 9
(1) Der nach
§ 5 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständige Bundesminister
unterrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten das Parlamentarische
Kontrollgremium über die Durchführung dieses Gesetzes.
(2) Der zuständige
Bundesminister unterrichtet monatlich eine Kommission über die von ihm angeordneten
Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann er den
Vollzug der Beschränkungsmaßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der
Kommission anordnen. Die Kommission entscheidet von Amts wegen oder auf Grund
von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen.1
Anordnungen, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt,
hat der zuständige Bundesminister unverzüglich aufzuheben.
(3) Der zuständige
Bundesminister unterrichtet monatlich die Kommission über von ihm vorgenommene
Mitteilungen an Betroffene (§ 5 Abs. 5) oder über die Gründe, die einer Mitteilung
entgegenstehen. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, hat der zuständige
Bundesminister diese unverzüglich zu veranlassen.
(4) Die Kommission
besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muß,
und drei Beisitzern. Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsführung
unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie nehmen ein öffentliches Ehrenamt
wahr und werden von dem in Absatz 1 genannten Gremium nach Anhörung der Bundesregierung
für die Dauer einer Wahlperiode des Bundestages mit der Maßgabe bestellt,
daß ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der Kommission,
spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode endet. Die Stimme
des Vorsitzenden entscheidet bei Stimmengleichheit. Die Kommission gibt sich
eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des in Absatz 1 genannten Gremiums
bedarf. Vor der Zustimmung ist die Bundesregierung zu hören.
(5) Durch den
Landesgesetzgeber wird die parlamentarische Kontrolle der nach § 5 Abs. 1
für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständigen obersten Landesbehörden
und die Überprüfung der von ihnen angeordneten Beschränkungsmaßnahmen geregelt.
(6) Im übrigen
ist gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen nach den §§ 2 und 3 Abs.
1 Satz 2 Nr. 1 und ihren Vollzug der Rechtsweg nicht zulässig.
Artikel 2 -
Änderung der Strafprozeßordnung
(Die Änderung
ist in II B 70 eingearbeitet.)
§ 10
(1) Wird die
Telekommunikation nach Artikel 1 dieses Gesetzes oder nach den §§ 100a, 100b
der Strafprozeßordnung überwacht, so darf diese Tatsache von Personen, die
geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder an der Erbringung
solcher Dienste mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden.
(2) Wird die
Aushändigung von Sendungen nach Artikel 1 § 1 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 angeordnet,
so darf diese Tatsache von Personen, die zur Aushändigung verpflichtet oder
mit der Sendungsübermittlung betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht
mitgeteilt werden.
(3) Erfolgt
ein Auskunftsersuchen oder eine Auskunftserteilung nach Artikel 1 § 1 Abs.
2, so darf diese Tatsache oder der Inhalt des Ersuchens oder der erteilten
Auskunft von Personen, die zur Beantwortung verpflichtet oder mit der Beantwortung
betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden.
§ 10a
Mit Freiheitsstrafe
bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen § 10 eine
Mitteilung macht.
§ 11
(1) Ordnungswidrig
handelt, wer
1. einer
vollziehbaren Anordnung nach Artikel 1 § 1 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 zuwiderhandelt,
2. entgegen
Artikel 1 § 1 Abs. 3 Satz 2 eine Person betraut oder
3. entgegen
Artikel 1 § 1 Abs. 3 Satz 3 nicht sicherstellt, daß eine Geheimschutzmaßnahme
getroffen wird.
(2) Die Ordnungswidrigkeit
kann mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Deutsche Mark geahndet werden.
§ 12
(1) Das Grundrecht
des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes)
wird durch dieses Gesetz eingeschränkt.
(2) Die auf
Grund anderer Gesetze zulässigen Beschränkungen dieses Grundrechts bleiben
unberührt.
§ 13
Die nach Artikel
1 § 1 Abs. 1 berechtigten Stellen haben für die Leistungen nach Artikel 1
§ 1 Abs. 2 eine Entschädigung zu gewähren, deren Umfang sich nach § 17a des
Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen bemißt.
§ 14
Dieses Gesetz
tritt mit Ausnahme des § 9 Abs. 4, der am Tage nach der Verkündung in Kraft
tritt, am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden dritten Kalendermonats
in Kraft.
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