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BGB §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1
- Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet worden wären (Fortführung des Senatsurteils vom 20. November 1996 - XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284).
- Erträge aus einem im Zugewinnausgleich erworbenen Vermögen sind eheprägend, wenn sie zuvor als Erträge des ausgleichspflichtigen Ehegatten die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatten (Fortführung des Senatsur-teils vom 16. Januar 1985 - IVb ZR 59/83 - FamRZ 1985, 357, 359).
BGH, Urteil vom 4. Juli 2007 - XII ZR 141/05 - OLG Hamm
AG Herne-Wanne
(...)
4. Soweit das Berufungsgericht für die gesamte unterhaltsrelevante Zeit Zinseinkünfte aus dem Vermögen des Beklagten als eheprägend berücksichtigt hat, hält auch dies den Angriffen der Revision nicht stand.
a) Die ehelichen Lebensverhältnisse, die sowohl für die Bemessung des Trennungsunterhalts (§ 1361 Abs. 1 BGB) als auch für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts (§ 1578 Abs. 1 BGB) relevant sind, richten sich nach den für die allgemeine Lebensführung verfügbaren Einkünften der Ehegatten. Allerdings wird das verfügbare Einkommen - gerade bei gehobenen Einkünften - häufig nicht in vollem Umfang für den allgemeinen Lebensbedarf ver-braucht, sondern teilweise auch der Vermögensbildung zugeführt. Solche der Vermögensbildung vorbehaltene Einkommensteile dienen dann nicht mehr der Befriedigung laufender Lebensbedürfnisse und sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen (Senatsurteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987, 36, 39 und vom 23. November 1983 - IVb ZR 21/82 - FamRZ 1984, 149, 151).
Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl bei der Bemessung des Trennungsunterhalts als auch bei der Bemessung des nach-ehelichen Unterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derje-nige Lebensstandard, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus als angemessen erscheint. Dabei hat, ge-messen am verfügbaren Einkommen, sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand außer Betracht zu bleiben. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens berücksichtigt werden (Senatsurteile vom 20. November 1996 - XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284, vom 12. Juli 1989 - IVb ZR 66/88 - FamRZ 1989, 1160, 1161 und vom 24. Juni 1987 - IVb ZR 73/86 - FamRZ 1989, 838, 839).
Soweit das Berufungsgericht die Lebensführung der Parteien als unan-gemessen sparsam beurteilt hat, weil die Klägerin lediglich ein Wirtschaftsgeld in Höhe von wöchentlich 240 DM sowie ein Taschengeld in Höhe von monatlich 200 DM erhielt, während der Beklagte ursprünglich 11.000 DM monatlich erzielt hatte und über Vermögen in Höhe von rund 1,3 Mio. DM verfügte, ist dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
b) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Beklagten steht der eheprä-genden Berücksichtigung von Zinseinkünften auch nicht entgegen, dass er sein Vermögen in thesaurierenden Fonds angelegt hat, die keine laufenden Erträge abwerfen. Diese Anlageform steht der Berücksichtigung von Zinseinkünften schon deswegen nicht entgegen, weil der Beklagte mit Blick auf die objektiv geprägten ehelichen Lebensverhältnisse aus unterhaltsrechtlicher Sicht gehal-ten war, laufende Vermögenseinkünfte für die allgemeine Lebensführung vor-zuhalten. Wenn er nach der Trennung gleichwohl im Februar 1999 erhebliche Teile seines Vermögens in thesaurierenden Fonds angelegt hat, ist er nicht an-ders zu behandeln, als wenn die Erträge laufend ausgeschüttet und von ihm selbst wieder angelegt worden wären. Er ist deswegen fiktiv so zu behandeln, als wären seine Vermögenserträge laufend verfügbar gewesen (Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988, 145, 149; vgl. auch Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 425, 428 ff.). Allein durch die Anlageform kann der Beklagte also nicht bestimmen, ob Gewinne eines erheblichen Vermögens den unterhaltsrelevan-ten Einkünften zuzuordnen sind oder ob sie einer Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten vorbehalten bleiben.
c) Mit der Feststellung einer unangemessen sparsamen Lebensführung steht allerdings noch nicht abschließend fest, in welchem Umfang Vermögens-einkünfte des Beklagten, die er in der Vergangenheit gerade nicht für den all-gemeinen Lebensbedarf eingesetzt hatte, gleichwohl eheprägend sind. Denn auch unter Berücksichtigung des gebotenen objektiven Maßstabs ist ein Unter-haltsschuldner - insbesondere bei erheblichen Vermögensbeträgen - nicht gehalten, sämtliche Vermögenseinkünfte dem Verbrauch zuzuführen. Der für eine Korrektur der unangemessenen Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf nämlich nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Le-bensverhältnisse verlassen und Einkünfte des Unterhaltspflichtigen als prägend
zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die Kosten der allgemeinen Lebensführung verwendet werden (vgl. Senatsurteil vom 20. November 1996 - XII ZR 70/95 - FamRZ 1997, 281, 284). In welchem Umfang solches hier der Fall ist, hängt von den gesamten Umständen des Ein-zelfalles ab. Das Berufungsgericht hat eine solche Gesamtwürdigung bisher nicht vorgenommen, sondern hat pauschal alle erzielbaren Zinseinkünfte zugrunde gelegt.
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