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Kopftuch/Kopftuchverbot/Kopftuch-Entscheidung
(recht.oeffentlich.grundrechte.art4 und recht.oeffentlich.verwaltung.bt und recht.zivil.materiell.schuld.bt.arbeit)
    

Inhalt
             1. Verfassungsrecht
             2. weitere Entscheidungen
             3. Arbeitsrecht

Kopftuch iSd dieses Artikels ist das aus religiösen Gründen getragene Kopftuch.

1. Verfassungsrecht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 24.09.2003 Az.: 2 BvR 1436/02) hat entschieden, dass eine Regelung über das Tragen von Kopftüchern durch muslimische Lehrer in öffentlichen Schulen durch Landesgesetz geregelt werden kann/muss. Es leitet dabei keine speziellen Vorgaben aus Art. 4 GG ab.

Leitsätze des Gerichts:

1. Ein Verbot für Lehrkräfte, in Schule und Unterricht ein Kopftuch zu tragen, findet im geltenden Recht des Landes Baden-Württemberg keine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage.

2. Der mit zunehmender religiöser Pluralität verbundene gesellschaftliche Wandel kann für den Gesetzgeber Anlass zu einer Neubestimmung des zulässigen Ausmaßes religiöser Bezüge in der Schule sein.

2. weitere Entscheidungen

BayVGH, Urteil vom 7. März 2018, Az. 3 BV 16.2040): "Zudem stelle das Verbot keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Die Klägerin habe den juristischen Vorbereitungsdienst absolvieren können und sei nicht gezwungen worden, ihr Kopftuch abzunehmen. Es sei ihr lediglich verwehrt worden, bestimmte richterliche Aufgaben wahrzunehmen, worauf im Rahmen der Referendarausbildung ohnehin kein Anspruch bestehe. Diese hätte die Klägerin zudem nur an einem Tag ihrer zweijährigen Ausbildung ausüben können. Die Beschränkung der Grundrechte der Klägerin sei daher nur begrenzt gewesen." (Pressemitteillung)

DasVG Stuttgart hat dagegen "der Klage einer Stuttgarter Lehrerin gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Schule und Bildung –, wegen der dienstlichen Weisung vom 8. 12. 2004, ihren Dienst in der Schule ohne Kopfbedeckung zu versehen, stattgegeben." Es begründet dies damit, dass die Klägerin gleichheitswidrig in der Praxis der Rechtsanwendung des § 38 II BadWürttSchulG verletzt werde. "Es bestünden zwar an der Rechtmäßigkeit der Vorschrift und ihrer Vereinbarkeit mit übergeordneten Regelungen (Grundgesetz, Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) keine Zweifel und die Klägerin verstoße durch das Tragen des Kopftuchs im Unterricht auch gegen das Verbot religiöser Bekundungen, durch die Zulassung des Unterrichts durch Nonnen in Ordenstracht an staatlichen Schulen in anderen Landesteilen werde die Klägerin aber in ihrem Anspruch auf strikte Gleichbehandlung der verschiedenen Glaubensrichtungen bei Durchsetzung des Verbots und damit in Art. 3 I und III GG und Art. 14 EMRK verletzt. Auch das Ordenshabit sei eine eindeutig religiös motivierte Kleidung und nicht nur ein aus Tradition ohne religiöses Bekenntnis getragenes Kleidungsstück." (Pressemitteilung des VG Stuttgart v. 7. 7. 2006).

3. Arbeitsrecht

Auch das BAG hatte sich mit einem Fall befassen, in dem der Inhaber eines Ladens das aus religiösen Gründen getragene Kopftuch einer Verkäuferin nicht tolerieren wollte. Nachdem die Arbeitnehmerin auch nach einer Bedenkzeit bei am Tragen des Kopftuches festhielt wurde sie personenbedingt ordentlich gkündigt.

Das BAG hat diese Kündigung in seiner Entscheidung v. 10.10.2002 (RdA 2003, S. 240ff) als sozial ungerechtfertigt zurückgewiesen. Das BAG sieht die KLägerin "in der Lage, ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Verkäuferin auch dann noch zu erfüllen, wenn sie bei ihrer Tätigkeit ein - islamisches - Kopftuch trägt." Hierdurch würde weder ein Verkaufsgespräch unmöglich gemacht, noch ein Verkaufsvorgang behindert (aaO S. 242). Der Arbeitgeber hatte nicht vorgetragen, dass Kunden sich durch das Kopftuch gestört fühlten, und daher von Verkäufen abgesehen hätten.

Auch das dem Arbeitgeber hinsichtlch der Arbeitskleidung zustehende Direktionsrecht darf gemäß BAG (aaO S. 243) nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Der Inhalt dieser Generalklausel wird aber von den Grundrechten, hier Art. 4 GG (Arbeitnehmerin) und Art. 12 Abs. 1 GG (Arbeitgeber), mitbestimmt, so das diese Grundrechte gegeneinander abgwogen und miteinander in Einklang gebracht werden müssen (aaO, S. 243). Da der Arbeitgeber insoweit nichts vorgetragen hatte, siehe oben, wogen die Grundrechtsverletzung auf Seiten der Arbeitnehmerin schwerer.

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