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Lüth-Urteil
(recht.oeffentlich.grundrechte)
    

Inhalt
             1. Fundstelle:
             2. Sachverhalt:
             3. Leitsätze:
             4. Entscheidung:

1. Fundstelle:

BVerfGE 7, 198.

2. Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer Lüth hatte in seiner Funktion als Vorsitzender eines Presseclubs, mittels eines offenen Briefes zum Boykott eines Filmes von Veit Harlan aufgerufen. Hintergrund des Aufrufs war der Umstand, dass Veit Harlan im 3. Reich den Film "Jud Süß" - ein antisemitischer Propagandafilm - gedreht hatte.

Der Beschwerdeführer wurde vom LG Hamburg zur Unterlassung der Boykottaufforderung verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben.

3. Leitsätze:

  1. Die Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat; in den Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes verkörpert sich aber auch eine objektive Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereich des Rechtes gilt.
  2. Im bürgerlichen Recht entfaltet sich der Rechtsgehalt der Grundrechte mittelbar durch die privatrechtlichen Vorschriften. Er ergreift vor allem Bestimmungen zwingenden Charakters und ist für den Richter besonders realisierbar durch die Generalklauseln.
  3. Der Zivilrichter kann durch sein Urteil Grundrechte verletzen (§ 90 BVerfGG), wenn er die Einwirkung der Grundrechte auf das bürgerliche Recht verkennt. Das Bundesverfassungsgericht prüft zivilgerichtliche Urteile nur auf solche Verletzungen von Grundrechten, nicht allgemein auf Rechtsfehler nach.
  4. Auch zivilrechtliche Vorschriften können "allgemeine Gesetze" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG sein und so das Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung beschränken.
  5. Die "allgemeinen Gesetze" müssen im Lichte der besonderen Bedeutung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung für den freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt werden.
  6. Das Grundrecht des Art. 5 GG schützt nicht nur das Äußern einer Meinung als solches, sondern auch das geistige Wirken durch die Meinungsäußerung.
  7. Eine Meinungsäußerung, die ein Aufforderung zum Boykott enthält, verstößt nicht notwendig gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB; sie kann bei Abwägung aller Umstände des Falles durch die Freiheit der Meinungsäußerung verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.

4. Entscheidung:

"Das Bundesverfassungsgericht ist aufgrund dieser Erwägungen zur der Überzeugung gelangt, dass das Landgericht bei seiner Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers die besondere Bedeutung verkannt hat, die dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auch dort zukommt, wo es mit privaten Interessen anderer in Konflikt tritt. Das Urteil des Landgerichts beruht auf diesem Verfehlen grundrechtlicher Maßstäbe und verletzt so das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 5 Abs. 1 S.1 GG. Es ist deshalb aufzuheben."

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Auf diesen Artikel verweisen: Wechselwirkungslehre * Meinungsfreiheit