Die europäische Union bzw. die EG verfügt mittlerweile über umfangreiche
Gesetzgebungskompetenzen, die sich u.a. in dem Erlass von
Richtlinien bemerkbar macht. Wie sich diese
Abgabe von souveränen Rechten mit dem Grundgesetz vereinbaren lässt soll im
Folgenden gezeigt werden.
Das Grundgesetz verpflichtet sich zunächst in seiner Präambel zu einem
vereinten Europa, man spricht insoweit auch von einer verfassungsrechtlichen
Grundentscheidung (Sachs/Streinz, Art. 23 Rn. 1). Aber dabei ist der
Verfassungsgeber nicht stehen geblieben.
Bevor 1992 Art. 23 in das GG eingefügt wurde, war Art. 24 Abs. 1 GG
Grundlage für die Eingliederung Deutschlands in die EG bzw. EU (aaO Rn.
3). Veranlassung des Verfassungskonvents zur Aufnahme des Art. 24 GG war die
Absicht die Abgabe von Hoheitsrechten zu ermöglichen. Und zwar an
internationale Organisationen. Dabei wurde ausdrücklich auch schon an eine
Montanunion gedacht, die später ja eine der drei Grundgemeinschaften wurde
(Sachs/Streinz, Art. 24 GG Rn. 2; Schmid, JöR nF. 1 (1951), 223f).
Durchgeführt wird dieses Abgeben o. Übertragen von Hoheitsrechten durch
eine "Öffnung der deutschen Rechtsordnung", die die unmittelbare Geltung und
Anwendbarkeit von Recht aus anderer Quelle ermöglicht (Sach/Streinz, Art. 24
Rn. 18).
Da Art. 24 Abs. 1 GG selbst unbeschränkt ist, d.h. dem Wortlaut nach eine
unbeschränkte Übertragung möglich wäre, wurden durch das Verfassungsgericht
Anforderungen entwickelt, die sich jetzt in Art. 23 GG wiederfinden. So
fordert Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG demokratische, rechtsstaatliche soziale und
föderative Grundsätze und einen dem GG vergleichbaren Grundrechtsschutz als
Voraussetzung für die Übertragung.
Weiterhin wird die Übertragung durch Art. 79 Abs. 3 GG beschränkt. Die
souveräne Staatlichkeit darf nicht aufgegeben werden, eine Eingliederung in
einen europäischen Bundesstaat kommt nicht in Frage (Sachs/Streintz, Art. 23
Rn. 84).
Insgesamt zeigt sich, dass die Übertragung von Hoheitsrechten und damit die
Beschneidung des deutschen Souveräns in der Verfassung vorgesehen und
damit verfassungsgemäß ist.
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