Der Europäische Gerichtshof ist das unabhängige Organ der EU, das bei der Anwendung und Auslegung des EU-Verträge die Wahrung des Rechts sichert (Art. 220 EGV). Zu diesem Zweck kontrolliert er das Handeln der Organe der Gemeinschaften und der Mitgliedsstaaten. Seine Interpretationen des Gemeinschaftsrechts sind verbindlich. Der Gerichtshof wird von acht Generalanwälten unterstützt (Art. 222 EGVA). Dem EuGH ist das Gericht erster Instanz beigeordnet (Art. 225 EGVA).
Der Gerichtshof ist für alle Sachen zuständig, die nicht spezielle dem Gericht erster Instanz zugewiesen wurden. Daraus ergibt die Zuständigkeit für
- Vorabentscheidungsersuchen über die durch nationale Gerichte
- Klagen gegen einen Mitgliedesstaat wegen Vertragsverletzung durch die Kommission (Art. 226 EGVA) oder einen anderen Mitgliedsstaat (Art. 227 EGVA)
- Nichtigkeitsklagen gegen ein Organ der EU durch einen Mitgliedsstaat oder ein anderes Organ (Art. 230 EGVA)
- Untätigkeitsklagen gegen ein Organ der EU durch einen Mitgliedsstaat oder ein anderes Organ
- Rechtsmittel gegen Urteile des Gerichts erster Instanz
Bei Vorabentscheidungssachen sind die vorlegenden Gericht hinsichtlich der Auslegung des EU-Rechts an die Entscheidung des Gerichtshof gebunden. Darüber hinaus müssen sich auch alle anderen Gerichte in anderen Rechtssachen bei denen diese Auslegung relevant wird, an die Entscheidung des EuGH halten, können aber bei Zweifeln erneut vorlegen (beschränkte Wirkung erga omnes). Bei einer Vorabentscheidung über die Unggültigkeit einer Norm, ist die erga omnes Wirkung absolut, d.h. die Gerichte sind gebunden und eine Neuvorlage ist ausgeschlossen.
Bei Vertragsverletzungsverfahren ist das vom Gerichtshof erlassene Feststellungsurteil für den verurteilten Staat verbindlich. Der Mitgliedstaat ist verpflichtet die Rechtsverletzung unverzüglich zu beseitigen. Kommt der Mitgliedsstaat dem nicht nach, kann die Kommission beim Gerichtshof die Verhängung eines Zwangsgeldes beantragen.
Untätigkeitsklagen verpflichtet das vom Gerichtshof erlassene Feststellungsurteil das betroffene Organ zum Handeln.
Bei Nichtigkeitsklagen stellt der Gerichtshof die Nichtigkeit der angegriffenen Maßnahme mit Wirkung erga omnes fest.
Der europäische Gerichtshof bestimmt den Streitgegenstand im Gegensatz zu deutschen Gerichten in erster Linie nach dem vorgetragenen Lebenssachverhalt. Das ist dem Umstand geschuldet, dass Anträge trotz gleichem Begehren je nach Mitgliedsland sehr unterschiedlich ausfallen können und damit als Anhaltspunkt nur eingschränkt zu gebrauchen sind.
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